
Laut Studien leiden etwa 17-22% aller Deutschen unter chronischen Schmerzen (Breivik et al., 2006, Häuser et al., 2014). Dieser Dauerschmerz hält lange an und geht zusammen mit anderen Beschwerden wie Depressionen, Ängsten und Schlafstörungen einher. Somit stellen Schmerzen ein erhebliches volkswirtschaftliches Problem dar. Schmerzmedikamente gehören demzufolge zu den am häufigsten verordneten Medikamenten. Leider besitzen diese Medikamente oftmals Nebenwirkungen, die teilweise ernsthafte Folgen haben können. Schmerzentstehung ist ein komplexer Prozess. Vereinfacht kann man sagen, dass Schmerzempfinden entsteht, wenn periphere Nozizeptoren stimuliert werden. Stimulation solcher Nozizeptoren wird zunächstl als akuter Schmerz wahrgenommen. Allerdings können solchen Schmerzen unter bestimmten Bedingungen chronifizieren.
Bei Fraunhofer IME-TMP wollen wir ein neues Schmerztiermodell etablieren. Dieses Modell der Optogenetik wird genutzt, um Nozizeptoren in der Pfote der Maus zu stimulieren. Die Technik hat sich seit etwa 10 Jahren immer weiter entwickelt. Sie beruht auf dem Prinzip Zellen mit Licht ansteuern zu können, dazu müssen Zellen genetisch angepasst werden, sodass sie bestimmte Opsine exprimieren. Wir wollen eine Expression von z.B. Channelrhodopsin-2 (ChR2) in den peripheren Nozizeptoren der Pfote erzielen. Dies würde uns dann ermöglichen diese Nozizeptoren zu aktivieren und somit Schmerz bei der Maus hervorzurufen, nur durch anstrahlen der Pfote mit blauem Licht.
Diese Technik hat 2 große Vorteile im Vergleich zu z.B. den Modellen der entzündlichen Schmerzen:
1) Man kann sehr gezielt und zeitlich begrenzt die Nozizeptoren aktivieren, ohne dass man nicht-nozizeptive Neuronen und andere periphere Zellen stimuliert und
2) dadurch hat die Maus während des gesamten Versuchsvorhabens nur dann ein Schmerzempfinden, wenn das Licht tatsächlich auf die Pfote strahlt.
Darüber hinaus könnte man die Nozizeptoren „sensitisieren“ und dann erproben, ob dies eine Überempfindlichkeit (Hyperalgesie) über längeren Zeitraum hervorruft – als Modell für chronischen Schmerz – ohne dass die Versuchstiere tatsächlich über längeren Zeitraum Schmerz verspüren.