Die Sepsis ist eine äußerst lebensbedrohliche Krankheit mit einer sehr hohen Mortalitätsrate. In Deutschland stellt die Sepsis die dritthäufigste Todesursache dar, an deren Folgen jährlich etwa 60.000 Menschen versterben. Allein die direkten Kosten, die durch die Behandlung von Patienten mit einer schweren Sepsis entstehen, liegen bei etwa 1,7 Milliarden Euro.
Trotz intensiver Forschung und zahlreicher neuer Erkenntnisse sind die komplexen Regulationsmechanismen noch immer nicht vollständig aufgeklärt und eine frühzeitige Sepsis-Diagnostik und somit ihre adäquate Therapie immer noch problematisch. Trotz der steigenden Inzidenz ist derzeit keine kausale medikamentöse Therapie zur Behandlung der Sepsis verfügbar. Aktuelle Therapiekonzepte konzentrieren sich in erster Linie auf lebenserhaltende Maßnahmen. Sie versuchen vor allem die überschießende Immunreaktion zu unterdrücken und sehen eine symptomatische Stabilisierung des Patienten in lebensbedrohlichen Zuständen vor oder sie zielen darauf ab, die Ursachen der Infektion zu bekämpfen.
Insbesondere die frühzeitige Fokussanierung und die zeitnahe Gabe von Antibiotika nach der Sepsis-Diagnose scheinen hier eine übergeordnete Rolle zu spielen. Derzeit lässt sich die Diagnose "Sepsis" nur durch die Identifikation einer spezifischen Kombination aus klinischen und laborchemischen Veränderungen stellen. Diese Veränderungen treten erst relativ spät, im kontinuierlichen Verlauf einer Sepsis auf, sodass jede noch so zügig nach der Diagnosestellung begonnene Therapie eigentlich erst verspätet, nämlich nach dem Auftreten manifester klinischer Symptome, begonnen werden kann. Es wäre daher wünschenswert, bereits im Vorfeld Patienten mit Hilfe von einfachen klinischen Tests zu identifizieren, die im weiteren Verlauf das Vollbild einer Sepsis entwickeln werden, um bei diesen Patienten möglichst frühzeitig, am besten noch vor dem Beginn einer manifesten Erkrankung, eine Therapie beginnen zu können.
Forschungs- und Interessenschwerpunkte:
Der Fokus unserer Forschung konzentriert sich darauf zu untersuchen, inwieweit die Aufrechterhaltung der Toleranz gegenüber zytotoxischer T-Lymphozyten (ZTL) durch das Transmembranprotein B7-homolog 1 (B7-H1) die durch ZTLs verursachten Organschädigungen minimiert. Weitergehend wird ein neuartiger Therapieansatz überprüft, der darauf abzielt, durch selektive Modulation des nukleären Hormonrezeptors Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptor gamma (PPARγ) die durch diesen ausgelöste Depletion von T-Lymphozten zu unterbinden und somit die Immunparalyse zu verhindern.
Ein weiteres Ziel ist es, die frühzeitige Diagnose einer beginnenden Sepsis (noch vor dem Auftreten von klinischen Anzeichen) zu ermöglichen. Hierbei soll getestet werden, ob der Anstieg des Fibrin E Fragments (FnE) im Patientenplasma dem Auftreten einer Sepsis vorausgeht und ob der neuentwickelte enzymgekoppelte Immunabsorptionstest (ELISA) diesen Anstieg detektieren kann und damit eine frühzeitige Diagnose einer Sepsis ermöglicht. Zusätzlich wollen wir untersuchen, inwieweit die funktionelle Inhibition des FnE zur Aufhebung seiner entzündlichen Wirkung führt.
Ziele:
Die Ziele unserer Forschung sind die Charakterisierung und Optimierung von B7-H1, PPARγ und FnE als neue Diagnostika beziehungsweise neue Therapieoptionen für die Sepsis.
Leistungsspektrum und-angebot:
Für unsere Forschung und Entwicklung stehen uns eine Vielzahl an in vitro-Testsystemen und in vivo-Tiermodellen zur Verfügung. Der Schwerpunkt liegt auf zellulären Signalweg-Prozessen sowie pharmakologischen und pharmakokinetischen Untersuchungen. Die von uns angewendeten Methoden und Techniken umfassen hochmoderne analytische, biochemische, immunologische, genomische, pharmakologische und zelluläre Testsysteme wie beispielsweise:
Biochemische Methoden:
- Isolierung von Proteinen aus eukaryotischen Zellen; Bestimmung von Proteinkonzentrationen; Natriumdodecyl-sulfat‑Polyacrylamidgelelektrophorese (SDS-PAGE); Immunoblotting; Chromatin-Immunpräzipitation (ChIP), Immunpräzipitation
- Herstellung von FnE durch eine ex vivo-Gerinnungs- und Fibrinolysereaktion mit nachfolgender Aufreinigung durch die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC)
- Biophysikalische Methoden:
- Försters-Resonanz-Energie-Transfer (FRET)-basierte Durchflusszytometrie, Fluoreszenzmikroskopie
Mikrobiologische Methoden:
- Kultivierung von prokaryotischen Zellen; Manipulation von prokaryotischen Zellen
Molekularbiologische Methoden:
- Enzymatische Nukleinsäuremanipulation; Isolierung von Nukleinsäuren; Bestimmung von Nukleinsäurekonzentrationen; Agarosegelelektrophorese von Nukleinsäuren; Sequenzierungen; Generierung von Plasmiden und Lentiviren zur Überexpression von Zielgenen, Polymerase-Kettenreaktion (PCR); Reverse Transkriptase quantitative Echtzeit-PCR
Tierexperimentelle Methoden:
- In vivo-Pharmakokinetik; polymikrobielles Sepsis-Mausmodell der Zökumligatur und –punktion (ZLP); präparative Blut- und Organentnahme bei Nagern
Zellbiologische Methoden:
- Kultivierung von humanen und murinen immortalisierten Zellen; Isolation und Kultivierung von primären humanen und murinen Zellen; Manipulation (transiente und stabile Transfektion/Transduktion von Plasmiden/Lentiviren) von humanen und murinen Zellen; Nachweis der intrazellulären Stoffakkumulation, Proliferation, Migration und Zellviabilität; Durchflusszytometie, Reportergenanalysen; Arbeiten mit Tetrazyklin-regulierten induzierbaren Genexpressionssystemen
Ausgewählte Projekte:
- Rekombinantes B7-H1 als ein neues Therapiekonzept bei Sepsis
- Selektive PPARγ-Modulatoren als ein neues Therapiekonzept zur Behandlung der Sepsis
- PPARγ-Expression in T-Lymphozyten als ein neuer prognostischer Sepsis-Marker
- Fibrin E Fragment als ein neuer Biomarker und neues Therapeutikum bei Sepsis
Ausgewählte Publikationen:
Brenneis, Marco, Ramin Aghajaanpour, Tilo Knape, Lisa K. Sha, Holger Neb, Patrick Meybohm, Kai Zacharowski, et al. 2016. ‘Pparγ Expression in T Cells as a Prognostic Marker of Sepsis’. Shock 45 (6): 591–97. doi:10.1097/SHK.0000000000000568.
Jennewein, Carla, Ralf Sowa, Anne C. Faber, Madlen Dildey, Andreas Von Knethen, Patrick Meybohm, Bertram Scheller, Stefan Dröse, and Kai Zacharowski. 2015. ‘Contribution of ninjurin1 to Toll-like Receptor 4 Signaling and Systemic Inflammation’. American Journal of Respiratory Cell and Molecular Biology 53 (5): 656–63. doi:10.1165/rcmb.2014-0354OC.
Knape, Tilo, Daniel Flesch, Laura Kuchler, Lisa K. Sha, Annika K. Giegerich, Sandra Labocha, Nerea Ferreirós, et al. 2015. ‘Identification and Characterisation of a Prototype for a New Class of Competitive PPARγ Antagonists’. European Journal of Pharmacology 755: 16–26. doi:10.1016/j.ejphar.2015.02.034.
Von Knethen, A, L K Sha, T Knape, L Kuchler, A K Giegerich, M Schulz, I A Hauser, and B Brüne. 2014. ‘Activation of the Peroxisome Proliferator Activated Receptor G Counteracts Sepsis-Induced T-Cell Cytotoxicity towards Alloantigenic Target Cells’. Critical Care 18: 633–44. doi:10.1007/s00109-014-1249-8.